In einer Welt, in der Künstliche Intelligenz immer mehr Aufgaben übernimmt, stellt sich die Frage: Sollten wir auch das Schreiben automatisieren? Der Sprachwissenschaftler Noah Bubenhofer warnt in einem Artikel in der SonntagsZeitung vom 7. Dezember 2025 davor, die persönliche Note und die Denkprozesse, die mit dem Schreiben verbunden sind, zu verlieren.
Review von Ralf Stöckli auf einen Artikel in der SonntagsZeitung vom 07.12.2025

In einer Zeit, in der Chatbots und KI-Schreibtools immer präsenter werden, stellt sich die Frage: Ist es wirklich sinnvoll, das Schreiben der Künstlichen Intelligenz zu überlassen?
Der Sprachwissenschaftler Noah Bubenhofer von der Universität Zürich sieht das kritisch. Für ihn ist das Schreiben ein zutiefst persönlicher Prozess, der uns mit anderen Menschen verbindet. «Das Schreiben hilft uns, ein Thema wirklich zu durchdringen», erklärt Bubenhofer. Es ist mehr als nur das Festhalten von Gedanken. Es ist eine Form der Ausdrucksweise, die Wertschätzung und Nähe vermittelt. Daher hält er es für «total verschenkt», wenn wir die Arbeit an Texten an KI abgeben.
Bubenhofer betont, dass das persönliche Schreiben zeigt, dass man sich Zeit genommen hat, um eine Beziehung zu würdigen. Ein handgeschriebener Brief oder eine individuell verfasste Nachricht haben eine ganz andere Bedeutung als ein vorgefertigter Text, der von einer Maschine stammt. Das persönliche Element macht den Unterschied: Es zeigt, dass jemand sich Gedanken gemacht hat und sich Mühe gegeben hat.
Neben dieser persönlichen Ebene warnt Bubenhofer auch vor dem Verlust der Denkprozesse und der individuellen Note beim Schreiben. «Kommunikation ist mehr als das blosse Übermitteln einer Botschaft», sagt er. Oft ist das Sprechen oder Schreiben selbst Teil der Botschaft – eine Art Reflexion des eigenen Denkens.
Dennoch erkennt Bubenhofer auch die positiven Seiten von KI an. Sie könne uns bei Routineaufgaben unterstützen oder wertvolles Feedback zu unseren Texten geben. «Meine Hoffnung ist, dass KI die langweiligen, repetitive Aufgaben effizienter macht und uns mehr Freiraum lässt, um die wirklich interessanten Dinge selbst zu schreiben», erklärt er. Gleichzeitig warnt er jedoch davor, dass eine zunehmende Abhängigkeit von KI die Schreib- und Lesekompetenz auf lange Sicht gefährden könnte.
Die Zukunft des Schreibens liegt für Bubenhofer in einem bewussten und verantwortungsvollen Umgang mit KI: Sie sollte uns unterstützen, aber niemals vollständig ersetzen. So bleibt die persönliche Note erhalten, die das Schreiben zu einem echten Geschenk macht — einem Ausdruck von Wertschätzung und Verbundenheit.

