Versteh‘ ich zwar nicht, find‘ ich aber trotzdem gut!

Ob auf Deutsch oder Englisch: Claims kommen fast immer gut bei Verbrauchern an – selbst wenn sie nicht verstanden werden. Das bringt eine qualitative und quantitative Untersuchung englischer sowie deutscher Werbesprüche aus verschiedensten Branchen zu Tage.


Ein Claim ist dann erfolgreich, wenn er es in den Gehirnen der Verbraucher schafft, mit einer einfachen Aussage den Link zu einer Marke herzustellen.
Ein Claim ist dann erfolgreich, wenn er es in den Gehirnen der Verbraucher schafft, mit einer einfachen Aussage den Link zu einer Marke herzustellen.

Ob «Nice to sweet you» oder «Science for a better life», für die Mehrheit der Deutschen sind englischsprachige Werbesprüche ein Rätsel; ihre Botschaft wird aber dennoch positiv wahrgenommen.

 

Fast zwei Drittel (64 Prozent) geben an, Claims auf Englisch nicht korrekt zu verstehen. Noch weniger (28 Prozent) sind tatsächlich in der Lage, diese im Sinne des Absenders richtig zu übersetzen. Wer glaubt, Deutsche zwischen 18 und 44 Jahren seien der englischen Sprache mächtiger als ältere Semester, irrt: «Jugend schützt vor Irrtum nicht».

 

Allerdings zeigt sich, dass auch deutsche Claims schlechter verstanden werden als vermutet: Lediglich die Hälfte (48 Prozent) gibt an «genau» oder «ungefähr» zu wissen, was die deutschsprachigen Werbesprüche aussagen. Dies sind die Ergebnisse der aktuellen Claimstudie, die seit 2003 regelmässig von der Kölner Agentur Endmark durchgeführt wird.

 

Noch niedriger als das Verständnis fallen die Ergebnisse der Studie in punkto Zuordnung eines Claims zu seiner Absendermarke aus: Eine korrekte Zuordnung deutscher Claims zu ihren Referenzmarken erfolgte lediglich in neun Prozent der Fälle. Bei englischen Claims sogar nur in sechs Prozent. Auch hinsichtlich der Branchenzuordnung findet insgesamt in 81 Prozent der Fälle keine korrekte Zuordnung statt.

 

Ob ein Werbespruch einer bestimmten Marke eindeutig zugeordnet werden kann, hängt in erster Linie von der Intensität und Dauer der Penetration, d. h. vom Media-Budget der Marke ab. Ob ein Claim im Sinne der Marke «wirkt», ist allerdings relativ unabhängig vom Werbedruck.

 

Insgesamt zeigt sich: leicht verständliche Aussagen, wie etwa «Grosser Tag. Kleine Pause.» (Milchschnitte/Ferrero), oder «Run Simple» (SAP), werden häufig als langweilig oder banal klassifiziert. Wortspiel-Kombinationen wie «Nice to sweet you» (Hello/Lindt) oder «C’est la view» (Beetle Cabrio/Volkswagen) wiederum werden in ihrer jeweiligen Produktaussage mehrheitlich nicht verstanden, aber vergleichsweise als «interessanter» empfunden.

 

Fast alle der Antworten (90 Prozent) lassen erkennen, dass die abgefragten Claims eine grundsätzlich positive Botschaft vermitteln – ob richtig übersetzt und korrekt verstanden oder nicht. Selbst Claims wie «Beauty with an edge» (Urban Decay), den etwa ein Sechstel der Befragten (16 Prozent) richtig übersetzt und der lediglich von einem Prozent der richtigen Absendermarke zugeordnet wurde, haben bei einer absoluten Mehrzahl der Befragten (88 Prozent) eine grundsätzlich positive Reaktion ausgelöst.

 

«Patentrezepte für wirksame Claims lassen sich kaum ableiten. Kreativität und Originalität funktionieren nicht nach Schema. Mangelnde Originalität durch den Einsatz von Fremdsprachen wettzumachen ist ebenso wenig erfolgsversprechend wie der Einsatz sprachlich verschachtelter Wortspiele», sagt Holger Geissler, Vorstand bei YouGov.

 

«Tröstlich für viele Markentexter mag aber die Erkenntnis sein, dass auch Werbesprüche, die semantisch nicht verstanden werden, in einer Reihe von Fällen positiv bewertet werden. Fraglich bleibt, warum diese Wirkungseffekte nicht stärker ausgebaut und auf die eigene Marke gelenkt werden», so Geissler weiter.

 

Das Fazit: «Ein Claim ist nur so gut wie die Sprachwelt seiner Bezugsmarke. Findet er innerhalb der Markensprache, der Markenwelt statt, kann er positiv auf die eigene Marke wirken. Eine sprachlich stimmige und wiedererkennbare Marke kann so die positive Wirkung ihres Claims auf ihr Image übertragen. Dann ist der Claim wie die Signatur der Firma. Erkennt man die Handschrift, weiss man sofort, wer unterschreibt», so Christine Stark, Geschäftsleitung von Endmark. 

Das Studiendesign

 

Die Claimstudie wird seit 2003 von der Naming-Agentur Endmark durchgeführt. Die in Köln und Wien ansässige Endmark sieht sich als Europas führende Naming Agentur für Markenberatung, Namensentwicklung, Claims und Markenrecherchen. Zum Kern gehört die Entwicklung von Markennamen für Unternehmen, Produkte und Dienstleistungen.

 

In der aktuellen Welle, die erstmals gemeinsam mit dem Marktforschungsunternehmen YouGov Deutschland durchgeführt wurde, stand neben dem Claim-Verständnis die Frage im Vordergrund, ob und wie ein Claim tatsächlich wirkt und welche Bedeutung ihm im

Markengeflecht zukommt.

 

Die neue Claimstudie 2016, eine kombinierte quantitative und qualitative Onlinestudie, bezieht deutschsprachige Claims und B2B-Marken mit ein, untersucht u. a. Marken-/-Branchenzuordnung, den Zusammenhang von Alter zu Sprachverständnis sowie sprachspezifische Faktoren, die eine Marke stärken können.

 

Für die Studie wurden insgesamt 1 200 Personen zu 20 Produkt- und Corporate-Claims aus den Branchen Beauty, Food, Fashion, Automotive und B2B/B2C im Zeitraum vom August 2015 bis September 2015 quantitativ und qualitativ befragt.