Unternehmen müssen ihr Kommunikationsmanagement überdenken

Mitarbeitende leiden unter zu vielen Mails und Meetings: Jeder Dritte fühlt sich von der E-Mail-Flut am Arbeitsplatz belästigt und gestresst. Auch Konferenzen sind oft unproduktiv. Es ist Aufgabe des Managements, verbindliche Standards für E-Mails und Sitzungen festzulegen.


Mitarbeitende machen vermehrt auf fehlendes Kommunikationsmanagement in Unternehmen aufmerksam. So stösst das viel angeführte «Selbstmanagement der Mitarbeitenden» an seine Grenzen.
Mitarbeitende machen vermehrt auf fehlendes Kommunikationsmanagement in Unternehmen aufmerksam. So stösst das viel angeführte «Selbstmanagement der Mitarbeitenden» an seine Grenzen.

In der aktuellen repräsentativen Studie «Workplace Survey», für die Beschäftigte und 250 Personalmanager in Deutschland und der Schweiz befragt wurden, wird ein kritisches Bild gezeichnet, was E-Mails und Sitzungen im Geschäftsalltag betrifft.

 

Insbesondere E-Mails werden bei der Arbeit zunehmend als störend empfunden. 31 % der befragten HR-Verantwortlichen in Deutschland (22 % in der Schweiz) waren angesichts der Nachrichtenschwemme bereits mit Bedenken ihrer Mitarbeiter konfrontiert. Der Hauptkritikpunkt an der elektronischen Post, den 65 % der Befragten angaben: Angestellte erhalten zu viele Nachrichten mit unnötigen Informationen. Betroffene beklagen zudem, dass sie ständig bei der Arbeit unterbrochen werden (60 %) und damit ihre Produktivität sinkt (35 %).

 

«Unterstützung» erhält die Studie vom deutschen Zeitmanagement-Guru Lothar Seiwert. Er macht drei generelle Zeitprobleme aus, die Unternehmensprozesse ausbremsen: «E-Mails, E-Mails und nochmals E-Mails». Manch eine IT-Firma, die Seiwert berät, zählt durchschnittlich 300 Mails pro Tag und Mitarbeiter, was täglich etwa dreieinhalb Stunden Bearbeitungszeit beansprucht. Doch nicht nur seine Kunden haben mit der täglichen Flut des elektronischen Datenverkehrs zu kämpfen. Auch Seiwert ärgert sich über die vielen unnötigen Mails, die er täglich durcharbeiten muss. «Man sollte darüber nachdenken, ob man das CC nicht oft einfach weglassen sollte», sagt er. Seine Empfehlung: E-Mails nur dann, wenn es wichtig ist und für den, den es angeht.

 

Ein ähnliches Bild in der täglichen Kommunikation offenbart ein Blick auf abteilungsinterne und unternehmensübergreifende Meetings: Ein Fünftel der befragten Personen glaubt, dass jede zweite bis vierte Besprechung unproduktiv verläuft. Rund jeder Dritte schätzt, dass jede vierte bis zehnte Zusammenkunft unnötig sei.

 

Damit gehören Meeting zu den schlimmsten Zeiträubern am Arbeitsplatz. Fehlentwicklungen sind damit vorprogrammiert: Mangelnde Vorbereitung, fehlende Struktur, falsche Zusammensetzung der Teilnehmenden, wichtige Entscheidungsträger sind gar nicht anwesend, die Gruppe verliert sich im Gespräch und der Selbstdarstellung, statt nah am Thema zu bleiben – auch deshalb, weil sie kein Ziel vor Augen hat.

 

Eine britische Studie aus dem Jahr 2013 geht noch etwas weiter. Sie sagt aus, dass im Laufe des Lebens Büromenschen ein Jahr und zehn Tage in überflüssigen Sitzungen verbringen. Ob das nun wirklich so genau berechnet werden kann, sei einmal dahin gestellt. Die Problematik als solche, ist aber erkannt.

 

Auf der Hand liegt, dass Unternehmen die Anliegen ihrer Mitarbeitenden ernst nehmen müssen. Denn mit der Produktivität der Belegschaft büssen Unternehmen auch ihre Wettbewerbsfähigkeit ein. Es ist die Aufgabe des Managements, verbindliche Standards für E-Mails und Sitzungen festzulegen und diese gemeinsam mit den Führungskräften durchzusetzen.